Mit einem Spatenstich ist am 13. November der Startschuss gefallen für den Neubau einer 100-Betten-Fachklinik zur Behandlung junger, drogenabhängiger Menschen. In Wiesloch entsteht damit eine der modernsten Sucht-Reha-Kliniken in Deutschland. Die Einrichtung errichtet der Baden-Württembergische Landesverband für Prävention und Rehabilitation gGmbH (BWLV) in Kooperation mit dem Psychiatrischen Zentrum Nordbaden (PZN).
Drogen und Drogenprobleme sind überall und können jeden betreffen. Oliver Kaiser, Geschäftsführer des bwlv sagt dazu: „Die Behandlung junger Menschen mit Suchterkrankungen ist von zentraler Bedeutung für die Gesellschaft. Wir müssen frühzeitig Behandlungsangebote schaffen, die echte Ausstiegschancen bieten. Das ist heute umso kritischer, weil neue Trends wie synthetische Opioide ansonsten unsere Einrichtungen der Suchtkrankenhilfe überfordern.“ Die European Union Drugs Agency warnt in ihrem Drogenbericht 2024 insbesondere vor der Zunahme des Konsums synthetischer Opioide, die aufgrund ihrer höheren Wirkstärke ein größeres Risiko für Abhängigkeit, Gesundheitsschäden und potenziell tödliche Vergiftungen mit sich bringen.
Anfang 2026 soll der Bau in Wiesloch fertig sein. Der bewusste Umgang mit Ressourcen bestimmt die Gebäudeplanung der neuen Fachklinik: Sie wird den KfW 40-Standard erreichen. Die Wahl des Standortes auf dem Klinikgelände des PZN Wiesloch ermöglicht es, die bestehende Infrastruktur wie beispielsweise die Zentralküche und -wäscherei zu nutzen. Zudem ist eine enge inhaltliche Kooperation geplant. Zur Partnerschaft mit dem PZN äußert sich die PZN-Geschäftsführerin Anett Rose-Losert: „Wir freuen uns über die enge Kooperation. Die Infrastruktur wird optimal genutzt und bestehende Netzwerke ausgebaut. Die unmittelbare Nachbarschaft zu unserer bestens aufgestellten Klinik für Suchttherapie und Entwöhnung, ermöglicht einen nahtlosen Übergang aus der Entzugsbehandlung in die weiterführende Rehabilitation."
Das Klinikkonzept enthält zahlreiche innovative Ansätze, wie eine substitutionsgestützte Suchtrehabilitation, eine intensive Integration von Forschung in den Behandlungsalltag sowie ein Konzept für die Begleitung von Kindern: Elternteile können in Familienzimmern untergebracht werden, während ihre Kinder in einem Kindergarten oder externen Schulen betreut werden. Dadurch haben die Eltern die Möglichkeit, am Behandlungsprogramm teilzunehmen. Zudem werden gezielte Eltern-Kind-Behandlungsmodule angeboten, um die Erziehungs- und Interaktionskompetenzen der Eltern zu stärken.
Weitere Innovationen finden sich in der künftigen Sporttherapie: Bereits im Herbst 2022 startete eine Zusammenarbeit mit Vorstand und Trainern vom Rugby Verband Baden-Württemberg e.V. Entsprechend passende Trainingsabläufe und sportpädagogische Inhalte werden derzeit für die Umsetzung in Wiesloch geplant. Denn gerade der Rugbysport als „Gentlemensport“ folgt Inhalten und Regeln, welche umfassend auf die Behandlungsziele einzahlen sollen.
Darüber hinaus werden bestehende Vernetzungen im regionalen sowie überregionalen Suchthilfesystem gepflegt und künftig ausgebaut, um Betroffenen die bestmögliche Behandlung und Versorgung zukommen zu lassen.
Mit einer Anschubfinanzierung von fünf Millionen Euro unterstützt die Eva Mayr-Stihl Stiftung mit Sitz in Waiblingen die Realisierung dieses innovativen Projektes in der Suchthilfe. Robert Mayr, Stifter und Vorstandsvorsitzender, begründet dies: „Wir haben die Wichtig- und Dringlichkeit des Projekts verstanden und gesehen, mit welchem Herzblut die handelnden Personen diesen Bau vorantreiben. Deshalb haben wir entschieden, dem Projekt über die letzte Finanzierungshürde zu helfen.“
Ein weiterer wichtiger Unterstützer ist die Dietmar Hopp Stiftung. Sie fördert Projekte in den Bereichen Medizin, Bildung, Soziales, Jugendsport und Klimaschutz in der Metropolregion Rhein-Neckar und unterstützt das Vorhaben mit 1,5 Millionen Euro. „Es ist wichtig, jungen Menschen, die drogenkrank sind, so früh wie möglich ein Behandlungsangebot machen zu können. Dadurch erhalten sie eine Ausstiegschance und damit eine Grundlage für ein gesundes und selbstständiges Leben. Der geplante Standort in Wiesloch bietet hierfür gute Voraussetzungen“, erklärt Isabel Hopp.
Der Baden-Württembergische Landesverband für Prävention und Rehabilitation gGmbH
Der Baden-Württembergische Landesverband für Prävention und Rehabilitation gGmbH (bwlv) ist mit 54 Einrichtungen und über 940 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der größte gemeinnützige Träger der Suchthilfe und -prävention in Baden-Württemberg. Außerdem ist er Träger der Kinder- und Jugendhilfe sowie Integrationsfachdiensten für schwerbehinderte Menschen. Der gemeinnützige Verband betreibt seit über 100 Jahren Fachkliniken, Heime, Tageskliniken, ambulante Beratungs- und Behandlungsstellen und Nachsorgeeinrichtungen. Unverzichtbar ist die Unterstützung von über 200 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern, die 180 Selbsthilfegruppen organisieren.