Spezial-OP bei Epilepsie

Ein Team des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD) befreite einen zweijährigen Jungen mit einem seltenen gutartigen Hirntumor mithilfe eines minimalinvasiven Laserverfahrens von seiner Epilepsie. Das dazu notwendige MRT-gekoppelte Laserkathetersystem wurde von der Dietmar Hopp Stiftung finanziert.

Ein gutartiger Tumor tief im Gehirn des zweijährigen Kuzey verursachte trotz Medikamenten bis zu 60 epileptische Anfälle am Tag. Der Tumor saß in einem zentral gelegenen Gehirnbereich und löste dort immer wieder fehlerhafte elektrische Signale und damit epileptische Anfälle aus. Die schiere Anzahl der Aussetzer bremste seine Gehirnentwicklung, er tat sich schwer damit, sprechen zu lernen. Mithilfe eines neuartigen OP-Verfahrens, der stereotaktischen Laser-Thermotherapie (LITT), ist es einem Behandlungsteam des UKHD nun gelungen, das Tumorgewebe zu veröden und damit den Auslöser der schweren Epilepsie auszuschalten. Bei diesem Eingriff wird eine Lasersonde über eine nur wenige Millimeter große Öffnung der Schädeldecke in den erkrankten, zentralen Hirnbereich eingeführt, der Tumor überhitzt und verödet. Jeder Schritt wird mittels Magnetresonanztomographie (MRT) kontrolliert. Der kleine Patient konnte die Klinik wenige Tage nach dem Eingriff ohne Beschwerden verlassen und ist seit über acht Monaten anfallsfrei. Das ist nicht nur eine Entlastung für die ganze Familie: Sein Gehirn kann sich nun ungestört wie das gesunder Gleichaltriger entwickeln.

Der Tumor, an dem Kuzey litt, kommt sehr selten vor. Etwa eines von 200.000 Kindern ist betroffen. „Anders als bei den meisten anderen Erkrankungen, die mit Epilepsie einhergehen, gab es mit diesem Tumor einen klar lokalisierbaren Ursprung, den man veröden konnte, ohne gesundes Hirngewebe zu zerstören, sagt Prof. Dr. Steffen Syrbe, Leiter der Sektion pädiatrische Epileptologie am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin des UKHD, der den Jungen und seine Familie betreut.

Deutschlandweit ist die nötige Ausstattung für diese spezielle Form der Epilepsie-Chirurgie nur an einzelnen wenigen Kliniken vorhanden und kam bei Kleinkindern bisher nicht zum Einsatz. Am UKHD wird das Verfahren insbesondere zur Therapie bösartiger tiefsitzender Hirntumore und Hirnmetastasen erprobt. Dazu kommen weitere Einsatzgebiete wie die Behandlung von Bewegungsstörungen oder – wie bei Kuzey – einer Epilepsie aufgrund eines gutartigen Tumors. Das innovative Verfahren wird am UKHD im Team von Neuropädiatern und Neurochirurgen auch für jüngere Kinder angeboten. „Der Eingriff bei Kuzey ist besonders gut gelungen, weil wir offensichtlich alle Bereiche, die für die Anfälle verantwortlich waren, ausgeschaltet haben. Doch auch wenn wir nur die Häufigkeit deutlich reduziert hätten, wäre das für den Jungen und seine Familie eine Entlastung gewesen. Wir sind daher sehr zufrieden mit den Möglichkeiten, die dieses Verfahren bietet“, sagt Prof. Dr. Martin Jacobs, Leiter der Sektion Stereotaktische Neurochirurgie der Klinik für Neurochirurgie am UKHD. Er rechnet mit bis zu 30 Einsätzen der neuen Technik pro Jahr bei verschiedenen Erkrankungen. Die Dietmar Hopp Stiftung hat die Anschaffung und Erprobung des MRT-gekoppelten Laserkathetersystems im Rahmen eines Forschungsprojekts zur Behandlung von Gehirnmetastasen mit 1,8 Millionen Euro unterstützt.