Das selbe Hobby und das selbe Ziel: Im Handball-Nachwuchsleistungszentrum

Rund 300 bis 400 Bälle fliegen David Späth pro Trainingseinheit um die Ohren. „Das können auch mal mehr oder weniger sein und hängt davon ab, ob eher taktische oder technische Elemente im Mittelpunkt stehen“, sagt der 19-Jährige. Späth ist Handball-Torwart und steht seit Sommer 2018 bei den Junglöwen, dem Nachwuchs der Rhein-Neckar Löwen, zwischen den Pfosten. Die Ausbildung im Kronauer Nachwuchsleistungszentrum hat sich gelohnt und trägt nun Früchte: Im Frühjahr 2021 unterschrieb der Juniorennationalspieler einen Profivertrag.

Als die Dietmar Hopp Stiftung im Jahr 2004 begann, den regionalen Handball-Nachwuchs zu fördern, war David Späth gerade mal zwei Jahre jung. Erst vier Jahre später schloss er sich in seiner Geburtsstadt der TSG Kaiserslautern an. „Mein Bruder und ich waren auf der Suche nach einem Hobby – und es sollte nicht Fußball sein“, erinnert er sich an die Anfänge mit der Harzkugel. Zunächst spielte er im Feld, doch als Späth zum TV 03 Ramstein wechselte, waren sie dort auf der Suche nach einem Torwart. „Sie haben jeden mal reingestellt, und ich habe ohne viel nachzudenken viele Bälle gehalten.“ So einfach kann der Beginn einer Torhüterkarriere sein.

2012 schloss sich Späth als Zehnjähriger dem TuS 04 Dansenberg an, und seine Leistungen auf Turnieren und in der Rheinland-Pfalz-Auswahl beförderten ihn in die Notizbücher von Trainern – so auch in das des Junglöwen-Jugendkoordinators Daniel Meyer. Der begehrte Keeper blieb nach einem erfolgreichen Probetraining allerdings noch ein Jahr im Elternhaus in Rodenbach vor den Toren Kaiserslauterns, um die zehnte Klasse abzuschließen, und zog schließlich 2018 in das Junglöwen-Internat in Kronau ein.

„Von der Jugendsportförderung der Dietmar Hopp Stiftung haben schon viele junge Handballer profitiert“, sagt der Sportliche Leiter und Chef des Nachwuchsleistungszentrums Rolf Bechtold. Der ehemalige Handball-Profi hat schon viele Talente auf ihrem Weg begleitet, unter anderem sind auch die heutigen Löwen-Nationalspieler Uwe Gensheimer und Patrick Groetzki aus dem Junglöwen-Rudel hervorgegangen, das von den Bambinis bis in die Erwachsenenteams aus 20 Mannschaften, 350 Spielern und 30 Übungsleitern besteht.

Einer von ihnen ist seit 2018 also David Späth, der bereits als B-Jugendlicher bei den Profis mittrainieren durfte und 2019 mit den A-Junioren Süddeutscher Meister und Deutscher Vizemeister wurde. Ja, ein bisschen Heimweh hatte auch er zu Beginn, aber das wurde von der guten Atmosphäre schnell verdrängt. „Im Internat gibt es vier Zimmer für je drei Spieler. Die Stimmung unter uns ist hervorragend, wir haben alle dasselbe Hobby und dasselbe Ziel. Das ist wie in einer Familie“, bestätigt Späth, der auch von den Bedingungen abseits des Feldes schwärmt. „Die gesamte Infrastruktur mit Athletikbereich, Physiotherapie usw. ist überragend, das kannte ich von meinen früheren Stationen nicht. Ein wichtiger Bestandteil der ganzheitlichen Ausbildung ist auch die Unterstützung durch Anpfiff ins Leben, ohne die Hochleistungssport und Schule nur schwer zu vereinbaren wären. Ich weiß das alles sehr zu schätzen.“ Derzeit paukt Späth für seine Abschlussprüfungen im Berufskolleg Sport an der Max-Weber-Schule in Sinsheim, um das Fachabitur zu erwerben.

Im Oktober 2020 feierte der Youngster, der neben der A-Jugend auch in der zweiten Mannschaft zum Einsatz kommt, sogar schon sein Bundesliga-Debüt, als er beim 30:20-Erfolg der Rhein-Neckar Löwen gegen den TVB Stuttgart zehn Minuten zwischen die Pfosten durfte. Als die beiden Stammtorhüter Andreas Palicka und Mikael Appelgren wenige Wochen später gegen Balingen verletzt ausfielen, sorgte Späth mit seinen Paraden für einen weiteren ungefährdeten Bundesliga-Sieg der Löwen, deren Chefcoach Martin Schwalb anschließend live im TV ein Loblied auf das Talent sang: „Er ist bei den jungen Löwen gut ausgebildet worden und da muss man ein großes Kompliment aussprechen.“ Und auch der Star des Teams, Uwe Gensheimer, geizte nicht mit Komplimenten: „David Späth hat schon im Training gezeigt, dass er ein großes Talent ist und hat es nun auch im Spiel in der Bundesliga bewiesen. Der Junge kann schon was.“ Das durfte er auch schon bei internationalen Begegnungen im Europapokal zeigen. Ende März 2021 wurden seine Leistungen mit einem Profivertrag honoriert.

Der normale Tagesablauf des Noch-Schülers sieht wie folgt aus: Früh aufstehen, Schule bis 12:35 Uhr, um 13 Uhr erstmals in die Halle. Mit den Internatskollegen und ihm als einzigen Torhüter steht nach dem Krafttraining die erste von in der Regel zwei Einheiten auf dem Programm. „Weil wir eine kleine Gruppe sind, arbeiten wir eher individuell und spielen dann ein Drei-gegen-Drei.“ Anschließend geht es in die Schulbetreuung von Anpfiff ins Leben, Hausaufgaben machen, Prüfungen vorbereiten. Und dann das „richtige“ Mannschaftstraining. Noch in mehreren Teams, nach Abschluss der Jugendzeit dann ausschließlich bei den Herren.

Auch wenn Plan A – eine langjährige und wenn möglich erfolgreiche Profi-Laufbahn – Vorrang genießt, so hat Späth trotzdem auch einen Plan B im Kopf. „Es kann immer eine Verletzung dazwischen kommen oder es läuft einfach aus anderen Gründen nicht wie erhofft. Dann ist es sinnvoll, eine Alternative zu haben. Daher werde ich ein Lehramtsstudium in Angriff nehmen. Sport in Kombination mit Deutsch oder Geschichte, mal sehen.“ Noch kann er sich ein bisschen Zeit lassen und den Fokus auf den Handball legen.

Die Entscheidung, in die Nachwuchsschmiede nach Kronau zu gehen, bezeichnet Späth als die bislang beste seines Lebens. „Als ich klein war, habe ich mir ein Trikot von meinem Vorbild, dem französischen Handball-Torwart Thierry Omeyer gekauft“, sagt er. „Heute trainiere ich mit den besten Torhütern der Welt – und sie unterstützen mich dabei und geben mir wertvolle Tipps. Das gilt aber nicht nur für mich, sondern für alle jungen Spieler. Hier gibt es kein Konkurrenzdenken, die etablierten Profis helfen uns und wollen uns besser machen“, so Späth. Und genau das macht das Nachwuchskonzept der Junglöwen aus.

Im September 2021 wurde Späth mit der deutschen U19-Nationalmannschaft in Kroatien Europameister und ins Allstar-Team gewählt.

Stand: September 2021