Forschung zu maßgeschneiderten Krebstherapien

In Deutschland werden jedes Jahr rund 500.000 neue Krebserkrankungen diagnostiziert. Nur rund 60 Prozent der Patienten leben fünf Jahre nach der Diagnose noch. Etwa 200.000 Menschen sterben jedes Jahr an ihrer Krebserkrankung.

Die gängigen Behandlungen wie Operation, Chemo- oder Strahlentherapie sind nicht für alle Patienten gleich wirksam. Denn die Standardbehandlungen berücksichtigen bislang nicht die sehr unterschiedliche Biologie eines jeden Tumors und das individuelle Wechselspiel zwischen Tumor und Patient. Um aber die Effektivität der Behandlungen und damit die Lebensqualität und Lebenserwartung der Patienten zu verbessern sind Therapien erforderlich, die gezielt den individuellen Tumor angreifen. Das ist die Strategie der personalisierten Immuntherapie, mit der sich ein Forscherteam um Prof. Dr. Dirk Jäger am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen Heidelberg (NCT) beschäftigt. Im NCT Heidelberg bündeln das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) und das Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD), zwei herausragende Institutionen der Forschung bzw. der Forschung und der Patientenversorgung, ihre Kräfte zum Wohle der Patienten.

Ziel der Arbeitsgruppe ist, prädiktive Biomarker zu identifizieren und personalisierte Therapien zu entwickeln, die auf den individuellen Tumor abgestimmt sind. „Wir versuchen zu verstehen, wie sich das Immunsystem auf die Erkrankung auswirkt und wie es dem Patienten helfen kann, sie zu bekämpfen“, so Jäger.

Aktuell fördert die Dietmar Hopp Stiftung drei Studien für eine wegweisende Medizin der Zukunft mit rund 19,6 Millionen Euro.

Seit 2014 fördert die Dietmar Hopp Stiftung das langfristige Forschungsprojekt „Spitzenzentrum individualisierte Krebsmedizin“. In diesem Rahmen führen die Thoraxklinik, das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) und das Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD) gemeinsam die so genannte PROMISE Studie (PRedictability of Outcome based on iMmunological sIgnatureS in lung cancEr) durch. Diese groß angelegte explorative Studie hat zum Ziel, bei an einem fortgeschrittenen nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom erkrankten Patienten Biomarker zu identifizieren, die das Ansprechen auf die Standardtherapie korrekt vorhersagen. Im Rahmen der PROMISE-Studie werden hierfür Biomaterialien im Krankheitsverlauf gesammelt und systematisch im Labor untersucht, um aufgrund von individuellen, komplexen genetischen, biochemischen, immunologischen und klinischen Daten sogenannte „prädiktive Biomarker“ zu identifizieren, anhand derer das Therapieansprechen vorhergesagt werden kann. Biomarker sind von entscheidender Bedeutung, damit eine Krebs-Therapie individuell angepasst werden kann: Nicht jeder Patient oder jede Patientin spricht gleich gut auf eine Krebstherapie an. Manche profitieren etwa von einer Chemotherapie, andere nicht. Biomarker können hier schon im Vorfeld der Behandlungsplanung wichtige Hinweise geben, indem sie Auskunft über spezielle Eigenschaften des Tumors geben. Basierend darauf können zielgerichtete Therapien passend für den Patienten ausgewählt werden. Zielgerichtete Therapien sollen somit nicht wie bei den bisherigen Standardtherapien mit dem Gießkannenprinzip bei allen Patienten zum Einsatz kommen, sondern nur dann, wenn der Tumor über eine entsprechende biologische Struktur verfügt, die ihn für die gewählte Therapie angreifbar macht.

Die PROMISE Studie fördert die Dietmar Hopp Stiftung mit über 14.400.000 Euro.

Eine weitere Studie, bei der es um die Identifizierung prädiktiver Marker bei Patienten mit operablem nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom im Stadium II bzw. III geht, ist die so genannte IReP-Studie („Immunological Response Prediction"). Im Rahmen dieser Studie erhalten die Patienten in Zusammenarbeit mit der Thoraxklinik eine der Operation vorgeschaltete so genannte neoadjuvante Immunchemotherapie, die im Vorfeld der Lungentumorresektion die Tumormasse verringern soll. Neben einer Senkung des Rückfallrisikos hat die Studie zum Ziel, Biomarkerdaten im Zusammenhang einer neoadjuvanten Immunchemotherapie zu erhalten und so diejenigen Patienten zu identifizieren, die besonders von diesem Therapieansatz profitieren. Im Rahmen des begleitenden Biomarkerprogramms werden vor und nach der Immunchemotherapie Gewebeproben gewonnen und untersucht. So soll herausgefunden werden, welche Immunbiomarker ein Tumor aufweisen muss, damit die Therapie Erfolg verspricht oder auch nicht. Zusätzlich soll die medikamentöse Therapie im Labor in der Petrischale an aus dem Tumorgewebe der Patienten gewonnenen Gewebekulturen getestet werden und dann dieses unter Laborbedingungen beobachtete Ansprechen mit dem tatsächlichen Ansprechen der Patienten abgeglichen werden. Dadurch sollen in Zukunft vorausschauend diejenigen Patienten ausgewählt werden, die von der Therapie profitieren würden.

Die Dietmar Hopp Stiftung unterstützt die so genannte IReP-Studie mit gut 2.261.000 Euro.

Nicht um die Auswahl der passendsten vorhandenen Therapiemöglichkeiten, sondern um die eigene Entwicklung und Herstellung einer maßgeschneiderten Zell-Therapie bei soliden Krebserkrankungen geht es in dem dritten, durch die Dietmar Hopp Stiftung geförderten, Pilotprojekt, dem „Programm für individualisierte Krebstherapie“ PIKT. Das Ziel ist, köpereigene Immunzellen des Patienten, die bereits gegen den Tumor gerichtet sind, zu finden. Für die zielgerichtete Erkennung des Tumors sind bestimmte Oberflächenmoleküle, die T-Zell-Rezeptoren, verantwortlich. Sind geeignete T-Zell-Rezeptoren und der zugehörige genetische Code identifiziert, können weitere patienteneigene T-Zellen genetisch so verändert werden, dass sie den gewünschten Anti-Tumor-Rezeptor selbst herstellen. Anschließend wird genau überprüft, ob diese Zellen gezielt nur den Tumor erkennen und angreifen. Die Arbeitsgruppe um Prof. Jäger ist bereits heute in der Lage, diese Therapieform für ausgewählte Patienten zu evaluieren und im nächsten Schritt Patienten mit dieser Therapie zu behandeln.

Das Pilotprojekt PIKT wird von der Dietmar Hopp Stiftung mit 2.879.000 Euro gefördert.

 

Stand: Juni 2023