"Als Gemeinschaft gewachsen": Neues Kita-Außengelände in Hördt

Die Bauarbeiten sind abgeschlossen, Schubkarren erfreuen sich auf dem neuen Außengelände des katholischen Kindergartens St. Georg in Hördt aber weiterhin einer großen Beliebtheit. Kein Wunder, haben die Kinder doch selbst tatkräftig mitgeholfen, um den naturnahen und bewegungsfreundlichen Spiel- und Erlebnisort zu verwirklichen.

Nach einem Erweiterungsbau der Kita und einem Zuwachs auf 125 Kinder war es eng geworden auf dem Freigelände des Kindergartens in der Pfalz. Deshalb planten die engagierten Eltern und Erzieherinnen zunächst eine Vergrößerung des Areals, die ihnen von der Gemeinde auch zugestanden wurde. Nachdem in einem ersten Bauabschnitt in dem gewonnenen Bereich eine freie Spielfläche und ein Spielhügel - den die Kinder gleich als Burg identifizierten - entstanden waren, reifte bei den Beteiligten die Idee, auch die veralteten und reparaturanfälligen Spielgeräte zu ersetzen.

„Der Wunsch, das Außengelände zu modernisieren und in ein naturnahes Gelände zu verwandeln war schon lange da, wir haben dafür auch schon Geld gespart“, erklärt Eva Dollt, 1. Vorsitzende des Fördervereins des Kindergartens. 2019 habe man sich dann auf den Weg gemacht und in einem ersten Schritt gemeinsam mit dem Elternbeirat und einer Elterninitiative das Gespräch mit dem Verein Naturspur gesucht, um die Möglichkeiten auszuloten. Als die Wünsche der Kinder in Planungsunterlagen konkret wurden und ein Kostenvoranschlag vorlag, habe man sich fast von der Idee verabschiedet: „Das Geld aus dem Waffelverkauf reichte längst nicht aus“, schmunzelt Dollt.

Durch Förderzusagen unter anderem der Dietmar Hopp Stiftung, die das Projekt mit 15.000 Euro unterstützt hat, habe man aber neue Hoffnung geschöpft. Zum Gelingen beigetragen hat auch ein Netzwerk an unterschiedlichen Partnern in der Finanzierung: Kommune, Träger, Wirtschaft und Förderorganisationen. Aber die finanzielle Unterstützung war nur ein Aspekt für das Gelingen des Projekts: Ohne den enormen ehrenamtlichen Einsatz von Eltern und Erzieherinnen wäre eine Umsetzung dennoch nicht möglich gewesen. „Das war gar nicht so ohne“, erinnert sich Tobias Dollt, der für die Elterninitiative maßgeblich an der Vorbereitung und Realisierung des neuen Freigeländes beteiligt war: „Schon in der Planungsphase wurden wir mit vielen Aspekten konfrontiert, mit denen wir im täglichen und beruflichen Leben bis dahin nicht unbedingt etwas zu tun hatten.“ Und dann galt es, in der Elternschaft freiwillige Helfer zu finden. Ein Bauausschuss, in dem sich Eltern mit fachlicher Expertise engagierten, begleitete den zweiten Bauabschnitt.

„Wir hatten zu Beginn Sorge, ob wir genug Helfer zusammenbekommen“, berichtet Eva Dollt. Aufrufe mit Aushängen und Mails hätten nur wenig Erfolg gezeigt: „Man musste die Menschen direkt ansprechen, wir haben dafür zum Beispiel auch morgens einen Info-Stand am Eingang eingerichtet, um zu erläutern, was wir vorhaben und wie sich die Eltern einbringen können.“ Und so hätten sich im Laufe der Zeit über 50 Prozent der Eltern engagiert. „15 bis 20 Familien gehörten zum harten Kern und haben an den Wochenenden gesägt, gehämmert, gegraben, Sand geschippt und geholfen, wo Not am Mann oder der Frau war“, beschreibt Tobias Dollt das große Engagement der Mitstreiter, die dabei auch viel dazugelernt haben. „Zu Hause war ich nie besonders handwerklich aktiv“, sagt Eva Dollt: „Auf der Baustelle habe ich wie viele andere auch ganz neue Fähigkeiten entdeckt. Darauf sind wir auch stolz.“

Stolz sind auch die Kinder, die tatkräftig mitgeholfen haben. „Sie haben gelernt, wie man plant und wie man vom Plan zur Umsetzung kommt“, erklärt Kindergartenleiterin Stephanie Verlohner. Bereits beim Entwurf des Freigeländes wurden die Kinder einbezogen. In Gruppen sind Wunsch- und Ideenlisten der Kinder entstanden, die sie zusammen mit den Vorstellungen der Erzieherinnen und Eltern im nächsten Schritt mit Naturspur e.V. im Modell entwerfen konnten. „Natürlich konnten nicht alle Wünsche umgesetzt werden, aber die Kinder vermissen nichts“, betont Verlohner. An den Bau-Wochenenden haben die Kinder dann entsprechend ihren Fähigkeiten geholfen. „Sie haben ihren neuen Freibereich dadurch besonders schätzen gelernt und gehen pfleglich mit den Geräten um. Es ist schön, dass wir den Kindern durch das Gemeinschaftsprojekt in unserer heutigen Wegwerfgesellschaft Werte vermitteln konnten“, freut sich die Kindergartenleiterin.

Aber nicht nur durch den tatkräftigen handwerklichen Beitrag haben sich Jung und Alt eingebracht. So hat beispielsweise ein Vater die kleinen und großen Bauarbeiter mit Pizza versorgt und örtliche Lebensmittelhändler haben Snacks für die Pausen beigesteuert. Dennoch sei es eine anstrengende Zeit gewesen, blickt Tobias Dollt zurück: „Eltern und Erzieherinnen waren zwei Jahre lang massiv gefordert.  Künftig soll das Gelände mit regelmäßigen Putz- und Pflegetagen in Schuss gehalten werden, so dass auch neue Kindergartengenerationen weiter involviert werden“, betont er. Dass sich die Mühe gelohnt hat, wird aber bei einem Blick auf die spielenden und tobenden Kinder schnell klar. „Es ist ein ganz anderes Spielen als auf den alten Geräten. Die Kinder spielen gemeinsam, probieren sich aus, setzen sich immer neue Ziele, außerdem gibt es nun auch Rückzugsorte und Platz für Rollenspiele. Die Motorik der Kinder wird geschult und sie streiten sogar weniger, weil es für jeden immer wieder Neues zu entdecken gibt“, beschreibt Stephanie Verlohner das muntere Treiben.

Gelohnt hat sich das Engagement auch für die Erwachsenen. „Während der Baumaßnahmen sind regelrechte Freundschaften entstanden, vor allem die vielen zugezogenen Familien wurden dadurch in die Gemeinschaft integriert. Das hat einen auch immer wieder motiviert, weiterzumachen“, so Eva Dollt. „Jeder ist persönlich und alle zusammen als Gemeinschaft gewachsen“, ist ihr Fazit: „So ein Vorhaben als Gemeinschaftsprojekt zu planen und dadurch ein langfristiges Zusammengehörigkeitsgefühl zu schaffen, ist absolut empfehlenswert.“ – Und auch ein Jugendlicher hat in ganz besonderer Weise von dem Projekt profitiert. Ursprünglich wollte der ältere Bruder eines Kindergartenkindes nur mal am Wochenende etwas mithelfen. Dabei hat er eine neue Leidenschaft entdeckt und in der Folge sogar eine Zimmermannslehre begonnen. „Solche persönlichen Geschichten haben zum Erfolg des Projekts beigetragen und stiften auch einen Beitrag für die Gemeinschaft in unserem Dorf“, ist sich Tobias Dollt sicher und fragt lachend: „Was sollen wir jetzt an unseren freien Wochenenden machen?“

 

Stand: Juni 2022